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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 354

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
354 Iv. Naturbilder. Außerdem schlafen viele zwei Drit- theile des Winters hindurch, da es doch nichts Gescheiteres für sie zu thun gibt, wobei sie nicht so viel Stärkung brauchen, als im Juni, wo sie täglich 16 bis 18 Stunden ununterbrochen auf den Beinen und Schwingen sein müssen, um für sich und ihre Nachkommenschaft zu sorgen. — Doch wissen sie auch im Winter mit ihren kleinen, runden, scharfen und blitzschnellen Augen und ihren beweglichen, spitzigen Schnäbeln aus tausenderlei Winkeln und auf tau- senderlei Weise Frühstück, Mittag- und Abendbrod zu finden. Die Speisekam- mer der Vögel ist meilengroß; Men- schen und Thiere gehen im größten Hun- ger daran vorbei, ohne ihnen Etwas wegzunehmen. In den Ritzen rauher Baumrinden, in den Höhlen und Löchern alter Bäume, zwischen verwitterten Grä- sern, in Tausenden, in Millionen kleiner Samenkörnchen, die der eisige Nord, als Säemann des künftigen Frühlings, aus vertrockneten Kapseln umherstreut, an verlornen und vergessenen wilden Früchten, überall in Wald und Feld, unter sammetnen, auch im Winter noch grünen Moosen finden die kleinen mun- tern Sänger von Flur und Feld ihre besetzten Tafeln. Und was die Schlaf- stelle betrifft, machen sie sich selbst zum warmen Bett, indem sie Schnabel und Köpfchen unter dem Flügel verbergen, während der durchdringendste Ost macht- los über ihr warmes Federbett hinrafft. So schlafen sie ruhig, gesund und warm lange, lange Januarnächte hindurch. Und wenn die ganze Landschaft umher mit starrem, weißem Schnee bedeckt ist und nicht einmal der starke Huf durch die gefrorne Decke bricht, finden die Vögel doch noch ihren Weg und ihren Speisebedarf zwischen Gebüsch und Dor- nen und picken umher in Farrn und Flechten, durchsuchen Holzstöße und Ge- treidemagazine, hohle Banmwnrzeln, die noch schwarz aus dem Schneetuche her- vorragen. Wird's aber gar zu arg und mager draußen, so legen auch die wildesten, menschenscheuesten Vögel ihre Furcht vor des Menschen Haus und Hof ab und gucken in die Scheune hinein, wo der staubige Drescher sie nicht beachtet, und nehmen ihm, oft mit der größten Keckheit, aber äußerst schlau, gute, fette Körner dicht vor der Nase weg. Sie hüpfen und picken zwi- schen Stroh und Düngerhaufen, zwischen Kühen und Gänsen umher, umzingeln die Hühner, wenn diese gefüttert werden und nehmen Alles mit einer Geschwin- digkeit und Schlauheit in Beschlag, die ergötzlich ist. Dann machen sie An- griffe mitten unter den Füßen des grim- migen Hahnes hinweg in das Bereich der fleißigen Schnäbel, vor jedem Korne, das sie hinwegschnappen wollen, erst genau beobachtend, ob auch die nächste Henne mit einem neidischen Seitenhiebe ihres scharfen Schnabels nicht Einspruch thun könnte. Das geht Alles so blitz- schnell, daß man nicht so geschwind sehen kann, wie sie die Lage jedes Kornes erst genau berechnen und jedes unbeschützte sofort wegpicken, in dem- selben Augenblick schon wieder ein an- deres ausmessend, welches sie immer richtig treffen, so daß Hahn und Hühner, die manchmal mit einem ärgerlichen Zanktone nach ihnen hacken, immer da- neben treffen. Und wo haben nicht überall auf der Schneedecke Pferde oder Hunde oder andere Thiere gefressen? Da finden sich auch immer eine große Anzahl Vögel ein und halten ihre Mahlzeit; ja sie scheuen sich sogar nicht, mit dem Pferde zu gleicher Zeit aus derselben Krippe zu fressen! — Zu dem Gemüse und den Mehl- speisen werden auch Fleisch und Braten angeschafft. Millionen von Schmetter- lingen und Insekten haben Eier und Junge in Concons gesponnen und nach ihrer Weise gut versteckt, aber die kleinen Blitzaugen des Vogels wissen überall solche kleine Eier- und Fleischmärkte auszuspioniren und mit der größten Geschwindigkeit aufzuräumen: eine wahre Wohlthat für die Blätter und Sprossen des künftigen Frühlings, die im Keime rein aufgefressen werden würden, wenn die Vögel nicht ihre Eier- und Fleisch- speisen aus diesen unerschöpflichen Quel- len des Ungeziefers bezögen. 2. Die kleine Meise stöbert zwischen Strohdächern und altem Reisig nach Insekten. Die Bachstelze marschirt

2. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 369

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
172. Deutsche Waldbäume. 369 Die In den Nacken des Gebirges schlägt sie ihre Wurzeln und steigt, eine erhabene Pyramide, in schwindelnder Steil-Linie empor, indeß sich ihre Zweige schwer hinabsenken. Majestät und Schwermuth mischen sich mit einem Zuge kühnen Trotzes in diesem Baume. Seine düst're Macht faßt uns ernstgebietend. Aber der wolkenanklimmende Wuchs selbst, das Sonnenlicht, das durch die Wipfel glimmt, der Sammetteppich zu seinen Füßen, ewig frisch erhalten von den überall rieselnden Quellen, die Waldblumen um- her gemischt mit dem Purpur reifende^ Beeren, all' dieses warme, farbige Leben lös't das in sich zurückgescheuchte Ge- müth, so daß es befreit sich neu erhebt. • Wie gerne denke ich hier deiner, ein- sames Erzgebirg, mit den finster schat- tenden Schluchten und den sanftum- blumten Höhen! Ringsum schreiten die stolzen Bäume hinan, und von Zweigen tropft duftig goldenes Harz. Kein Laut unterbricht das Schweigen, nur daß drüben vom Felsen der Wildbach sich brausend niederstürzt. Schon ist die Nacht hinabgesunken in die Thäler: aber auf den Bergen ragt die Tanne, das Die Dem Froste und dem Sturme, dem Blitze und selbst der Fäulniß trotzend, im Sumpfmoor wie im dürren Sande gedeihend, bedarf die zierliche, schlanke, zartgegliederte Birke nur einer Spanne Erde, ihre Wurzeln hineinzusenken. Auf den norddeutschen Grasebenen steht sie in zerstreuten Gruppen, weite, schim- mernde Waldstrecken füllt sie in den Tiefthälern von Norwegen, und da selbst, wo einiger Schnee den Fjölengrat um- hüllt, klammert sie sich an die stiefmüt- terliche Scholle. Es ist die Zwergbirke, deren Samen allein im Winter den Lemming und das weiße Rebhuhn nährt. — Vielleicht erstreckte sich ehedem das Reich der Birke weiter hinauf, als heute. Auf Island wenigstens stand sie vor Alters im dichten Walde von dem Meeres- ufer bis zum Fuße der Gebirge und Marschall. Lesebuch. Haupt in Sonnenglorie leuchtend, wie ein Priester Gottes, die müde Erde zu segnen. Es ist, als ob die Weltruhe, die auf dem schwarzen, schlafenden Gebirge lagert, Rede gewönne. Wunderbare Stimmen klingen h erüber, alle die Wünsche, die Leidenschaften verstummen, aber aus der Tiefe der Seele, wie aus einer ge- heiligten Fluth, hebt sich der Engel des Gebets. In den Hochebenen, welche den Polarkreis einschließen, breiten unge- heure Fichtenwälder ihr Dunkel unun- terbrochen über das Land. Die mäch- tigsten Stämme werden zu Tausenden niedergeworfen, und dennoch scheint der Wald noch so dicht, wie vordem. Der schäumende Strom trägt sie zum Fjord, zum Meer hinab, wo sie abermals be- stimmt sind, ihre schlanken Gestalten emporzurichten, entkleidet von den lan- gen Aesten und den dunkelgrünen Nadeln, aber mit einer neuen, schneeweißen Hülle von Segeln angethan. Die biegsame Faser des Krautes ist des Baumes Herr geworden, und der König des Waldes, vor Kurz.em noch so fest in der Erde wurzelnd, muß der weitgespannten Leinwand gehorchen. warf so um die damals fruchtbare Insel ein wärmendes Gewand, von dem jetzt kaum die Fetzen in Busch und Strauch zu sehen sind. In leicht ge- schwungener, oft unmuthig geschlängelter Linie steigt der schlanke, gerundete Stamm hinauf, nach oben schwach gebogen, doch mit geschmeidiger Härte der Gewalt der Elemente widerstrebend. Grau bemooste Furchen zerreißen wohl unten die glatte, atlasartige Rinde, die aus dem Blätter- grün hervorleuchtet, * „als wäre d'ran aus heller Nacht, das Mondlicht blieben hangen." Kein mächtiger Ast tritt aus dem zähen Holz, vielmehr fällt ringsum ein zierliches Reisernetz in langen Flechten herab, das sich immer lockerer aufbaut, bis die Krone wie in einem Federbüschel endet. Da ist auch nicht Raum für des 24

3. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 371

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
173. Die Mistel. 371 ihn die zottige Mooshülle mit dichtem Schilde. So hat er seinen Fuß droben eingegraben, der Alte vom Berge, ein reisiger, riesiger Held. Vom Boden aber rankt Eppich und Geisblatt hinauf, und Fink und Amsel spinnen frische Lieder um seine Zweige. 173. Die Mistel. Wald und Garten stehen im Winter kahl; die Blätter modem am Boden und die neuen Triebe schlummern noch, um- hüllt von den schützenden unansehnlichen Knospendecken. Aber sieh dort auf dem Zweige des Birnbaumes bemerkst du ein kugelrundes Büschchen, grün mitten im Winter. Es ist die Mistel, ein Sträuch- lein, welches beim Birnbaum in Kost und Logis steht. Draußen im Walde wirst du sie auch in den Baumkronen der Laub- und Nadelwälder sehen, in manchen Gegenden häufiger, in anderen seltener. Sie ist ein Glied der reichen Fa- milie der Riemenblumen (Iwravtlisöv), und man zählt an 400 Arten, die über alle Erdtheile verbreitet sind. Die zahl- reichsten und schönsten bewohnen die tro- pischen Gebiete Asiens und Amerika's. Diese prunken in schöner Blüthenpracht und werden umflattert von köstlichen Schmetterlingen und von goldstrahlenden Honigvögeln zu der Zeit, in welcher unser Mistelbüschchen sich unter der Last des Schnees und Reifes herabbeugt. Aber auch unsere Mistel hat ihre Verehrer unter der Vogelwelt, und namentlich ist es die Misteldrossel, welche nicht nur die weißen Beeren dieses Gewächses besonders liebt, sondern auch ihr Quartier in deren Zweigen aufschlägt. Schon am Ende des Winters erscheint sie, baut ihr Nest in die Zweiggabel und bekleidet es so mit Flechten, daß nur ein geübtes Auge es zu entdecken vermag. Mit Eifersucht hütet sie die Mistelbeeren ihres Reviers gegen andere Vögel, selbst gegen solche ihres eignen Geschlechts. Kreischend und flügelschlagend empfängt sie jeden Ein- dringling und ruhet nicht, bis sie ihn vertrieben; dann aber erschallt auch der düstere Wald von ihrem flötenden Sieges- liede. Diese Drossel hat allerdings einiges Anrecht an die Früchte des Zweiges; denn sie ist gewissermaßen dessen Säe- mann gewesen. Nach ihrer Mahlzeit flog > sie auf einen andern Baum, setzte sich auf einen Ast und wetzte das Schnäbelein daran. Mit dem zähen klebrigen Safte der Beeren leimte sie absichtslos ein Samenkörnlein an die rauhe Rinde. Ja man will behaupten, daß die Keimkraft des Samens im Magen des Vogels be- sonders geweckt und erregt werde, so daß diejenigen Körnchen am leichtesten aufgingen, welche die Drossel wieder aus- geschieden. Regen und Nebel speisten das winzige Korn, daß es keimte. Das Würzelchen des Keimlings kroch die Rinde entlang, bis es eine Ritze fand, in die es sich hinein senkte. Lag das Mistel- korn etwa auf dürrem Astende, so kroch das Würzelchen weiter bis zum leben- digen Holze, wenn dieses nicht zu weit entfernt war; es wollte durchaus auf einen grünen Zweig kommen. Auf den lebendigen Ast des Baumes wirkt die Wurzel in sonderbarer Weise ein. Sie reizt die Zellen und Gewebe desselben in ähnlicher Weise, wie das Ei der Gallmücke das Blatt der Eiche und Buche. Die Rinde des Baumes lockert sich, ihr Zellgewebe wächst und bildet eine Anschwellung rings um die junge Mistel. Die Wurzel des Gastes dringt tiefer und immer tiefer ein. Im Innern verschmelzen die Endzellen der Mistelwurzel innig mit dem Holz und haften in diesem, wie die Wurzeln an- derer Pflanzen in der Erde. Vom Baume ziehen sie ihre Nahrung. Die Mistel ist in uns'rer Gegend das einzige Ge- wächs, das nie am Boden gedeiht, son- dern von frühester Jugend bis zum Alter nur auf Bäumen lebt, der einzige ächte Baumparasit. Blätter, Stengel und Zweige haben dieselbe gelblich - oliven- grüne Farbe. Die Mitte jedes Triebes, jedes Zweigende wird zur Blüthe. Das ganze Büschchen besteht aus einem Gewirr sparriger, gleichmäßig vertheilter Gabel- zweige, die an ihren Enden die Blätter 24*

4. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 375

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
175. Die Steinkohlen. 375 mehr oder minder Auflösung des orga- nischen Zusammenhanges, wodurch die ganze Masse in einen breiigen, aufge- lösten Zustand versetzt wurde. Wenn indeß fast mit Gewißheit ge- schlossen werden kann, daß die Stein- kohlenmasse sich meist in einem erweich- ten Zustande befunden hat, so scheint derselbe von einer wirklichen Auflösung doch sehr verschieden gewesen zu sein, denn sonst würde die Masse völlig gleich- artig erscheinen. Die Ungleichheit derselben ergibt sich besonders aus dem verschie- denen Aschengehalt der Kohlen von den einzelnen Lagen und denselben Flötzen. Einen wesentlichen Einfluß hat hier auch der Druck ausgeübt, wenn die vegeta- bilischen Massen tiefer eingesenkt von allmählich erhärtendem Schieferthon und Sandstein überschüttet wurden. Ferner beschleunigte eine erhöhte Temperatur den Umbildungsprozeß. In einzelnen Fällen mag die Temperatur höher als die des siedenden Wassers gewesen sein, dann erstreckte sich die Einwirkung nicht bloß auf die Kohle selbst, sondern auf die darauf, darunter und dazwischen liegenden Sandstein- und Schieferthon- schichten. 2. Die Entstehung der Stein- kohlen denkt sich Professor vr. Göppert auf folgende Weise: Die Inseln in dem ungeheuren Meere, welches in der Vor- zeit unseren Erdtheil bedeckte, hatten wie die Inseln in unserer Zeit Berge, Thä- ler, Flüsse, Binnenseen, feuchte und trockene, frische und wärmere, schattige und sonnigere Stellen. Ueberall war ein tropisches Klima verbreitet, wie dies aus der überaus ähnlichen, nur mit der tropischen Natur vergleichbaren Ädd- tation hervorgeht. Denn die fossilen Pflanzen in beiden Hälften der Erdkugel, im Süden und Norden Asiens, in Altai und in Sibirien, im nördlichen Europa durch den ganzen Continent hindurch bis jenseits des Kanals in England, Schottland und Irland, gleichwie jenseits der Meere im nördlichen und südlichen Amerika und in Neuholland erscheinen durchaus dieselben. Ungeheure Wälder mit Stämmen von 70—75 Fuß Höhe, 2 — 3 Fuß Dicke, andere mit 30 Fuß langen Aesten waren ganz geeignet, in und unter sich Reste von Vegetabilien aufzunehmen. Diese gesammte Vege- tation wurde in den Schichten, welche die große Steinkohlensormation bilden, begraben, sodann durch die in Folge von Niveau - Veränderungen hereinbrechenden Gewässern überschwemmt und in zusam- menhängende Kohlenlager verwandelt, oder vermischt mit Thon und Sand in allmählich sich verhärtendem Schieferthon und Sandstein eingeschlossen und er- halten. Wenn nun aber entschieden nach- gewiesen ist, daß, um so bedeutende Kohlenflötze zu bilden, die Pflanzen, die auf dieser Fläche zu wachsen vermochten, nicht ausreichten, und ebenso, daß man an eine ruhige Ablagerung und nicht an ein Zusammenschwemmen aus weiter Ferne denken kann, so sieht man sich, um dieses Phänomen zu erklären, zu der Annahme genöthigt, daß sehr viele Koh- lenlager als die Torflager der Vorwelt anzusehen sind, die sich ebenso im Laufe einer langen Vegetationszeit bildeten, wie die Torflager in unserer Zeit, welche mitunter auch eine Mächtigkeit von 40 bis 50 Fuß erreichen und große Flächen einnehmen. Die Torfmoore waren also die Herde der Bildung der Kohlen- maflen aller Zeiten. Doch weicht die Steinkohlenflora ganz und gar von der jetztweltlichen ab; aber der Gesammt- charakter derselben läßt auf ein feuchtes, heißes Klima zurückschließen. Eigentliche Torfbildung finden wir freilich gegen- wärtig in der Tropenwelt nicht und man hat sie den Ländern außerhalb der kalten und gemäßigten Zone überhaupt abgesprochen; allein mit Unrecht. Moräste mit Torfbildung von ungeheurer Aus- dehnung finden sich doch in Süd-Vir- ginien und Nord-Carolina, in der Breite von Tunis und Algier. In den eigentlichen Tropenländern fehlen Torfmoore wahrscheinlich nur deßhalb, weil die zeitweise eintretende Dürre, welche das völlige Austrocknen der Moräste zur Folge hat, die Torf- bildung verhindert; in einem fortwäh- rend nassen und heißen Klima aber, wie es die Kohlenflora verlangt, waren auch die Bedingungen zur Torfbildung ge- geben. — Ferner läßt die große Aus-

5. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 63

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
36. Die bayerische Hochebene. 63 dieser Ebenen. Die Aehnlichkeit nament- lich dieser Gegenden mit dem nord- deutschen Tieflande ist überraschend; er- innerten nicht die im Hintergründe him- melanstrebenden Alpen, sowie die Flüsse mit ihrer grünlichen Farbe und ihrer Raschheit und Mächtigkeit an die Nähe des süddeutschen Hochgebirges, man könnte versucht sein zu glauben, daß man sich im Gebiete der Nord - oder Ostsee befinde. Ein Holsteiner oder Mecklenburger könnte vom Heimweh überwältigt werden, wenn er, an den kleinen Seen zwischen dem Ammer- und dem Starnberger-See wandernd, diese Buchenhaine erblickt, von so tief gesättigtem, saftigem Grün, wie man es in der Regel nur in der Nähe des Meeres oder in den Alpen trifft; oder wenn er die smaragdnen Triften über- schaut, wie sie in dieser Ueppigkeit auch nur den äußersten Norden und Süden Deutschlands schmücken. Näher gegen das Gebirge zu belebt sich die Ebene mehr und mehr. Sie erscheint zuerst wellenförmig bewegt, dann tauchen ein- zelne Höhen aus, die in andern Gegen- den sich schon Bergen an die Seite stellen dürften, hier aber gegenüber den Alpen- riesen zu Hügeln zusammenschrumpfen, bis endlich der Plateaucharakter ganz erlischt, weil an die Stelle der vorigen ebenen und wellenförmigen Fläche ein durch Quereinschnitte stark zertheiltes Bergland getreten ist, das Vorland der Alpen unp das Durchbruchsgebiet der Alpen- flüsse vom Gebirgsland in die Ebene. Eine Reihe von See'n, wechselnd mit halb trocken gelegten Wasserbecken, den | Moosen und Bergfilzen, verleihen dieser Region einen unmuthigen Wechsel der landschaftlichen Scenerie. Auf diesen Vor- alpen beginnt auch schon die Alpen- wirthschaft, da sie, 2500—3500 Fuß über dem Meere gelegen, für das Win- tergetreide zu lange mit Schnee bedeckt, für das Sommergetreide zu stark mit Gras durchwuchert sind, jedoch einen ungemein üppigen Futterwuchs erzeugen. Die buntprangenden, malerisch eingeheg- ten Wiesengründe mit den freundlichen fensterhellen Gehöften, die reine erquickende Luft und der Anblick der unmittelbar aufsteigenden Alpenreihen verleihen die- - ser Vorterasse des Hochgebirgs einen Liebreiz, wie man ihn in den zwar er- habenen, wildromantischen, aber oft dü- ster eingeengten Hochalpenthälern ver- gebens sucht. Unter den gleich mächtigen Wart- thürmen einer Riesenfestung in die bayerische Hochebene vorgeschobenen iso- lirten Bergkegeln nimmt der hohe Peißenberg zwischen Schongau und Weilheim, weithin sichtbar in einer Höhe von 3145 Fuß aufragend, die erste Stelle ein. Schon seit 300 Jahren krönt seinen Gipfel eine Wallfahrtskirche; ein stattliches Pfarrhaus mit einem „Luginsland" auf dem Dache, ein Wirthshaus, ein paar andere Häuser und ein Kirchhof nehmen den Raum der Bergplatte ein, von wel- cher aus den Vesteiger eine bewun- dernswerthe Fernsicht lohnt. In einem j Kranze liegen die Alpen vom Hochsäntis ; bis zum Watzmann ausgebreitet, mitten ! drin der Großglockner, der König der deutschen Berge, welcher aus dem fernen ! Kärnthen verschwimmend herüberschim- mert. Ueber das weite Flachland weg reicht der Blick bis zu dem blauen Rücken des Jura und der waldigen Höhe des Böhmerwaldes. In duftiger Ferne ra- gen die Frauenthürme Münchens, die Domthürme von Freising und die Ul- richskirche von Augsburg als graue Marksteine auf. Nicht mit Unrecht wird dieser Berg der „bayerische Rigi" ge- nannt, und dessen Besuch wird nun, da die Eisenbahn bis an seinen Fuß führt, bald ein sehr häufiger werden. Eine Merkwürdigkeit der bayerischen Hochebene sind die erratischen oder Wanderblöcke, auch Findlinge genannt. Sie kommen ihrer Gesteins- art nach ohne Zweifel von den Central- alpen und sind in deutlich erkennbaren Zügen von Süden nach Norden über die Ebene zerstreut. Ihre Größe wechselt von 2 bis 3 zu 100 Fuß Kubikinhalt. Einer der größten, ein riesiger Felsblock, liegt an der Straße gegen Miesbach. Früher fand man sie viel häufiger, allein die Verwendung zu Bauten und Straßen in dieser an Bau- und Straßenmaterial so armen Ebene hat ihre Zahl sehr ge- mindert. Die Frage: Wie sind diese Blöcke aus den Hochalpen in die Ebene

6. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 65

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
36. Die bayerische Hochebene. zweiten: das 'Erdinger Moos am östlichen Ufer der Isar, nahe bei München begin- nend und bis Moosburg hinziehend, das Dachauer Moos, im Süden Haspelmoor genannt; zur dritten endlich: die Filze südlich des Chiemsee's, das Weitmoos und Filz bei Rosenheim, das Murnauer Moos südlich vom Staffelsee und das Haselmoos nordwestlich vom Kochelsee. Kaum ein Fluß, dessen Säume nicht irgendwo solche Moosgründe aufzuweisen haben; und manche Eintiefungen, wie das Loisach-, Amper- und Innthal sind daran nur zu reich. Diese Moose sind entweder mit sauern Halbgräsern bewachsen, oder sie weisen röthlich-braune Flächen auf, be- standen mit Zwergwäldern von krüppel- hasten Kiefern, Filzkoppen genannt. Die rothe Farbe rührt von einer eigenen Moosgattung her, dem Torfmoos, wel- cher das Wasser aus der Tiefe empor- ! zieht und festhält. Die erste Art der Moore nennt man Wiesen-, die letztere Hochmoore, das Volk aber bezeichnet erstere als Möser, letztere als Filze. In ihrem ursprünglichen Zustande sind die Moore hauptsächlich nutzbar durch Torf, Streu und etwas Brennholz. Den Torf findet man in beiden Arten von Mooren, und seit er als Brennmaterial verwendet wird, beschäftigt der Torfstich viele Hände, und der Preis eines Tag- werks Moorgrund ist von 5—10 auf 200 fl. gestiegen. Vielfach hat man auch die Moose trocken gelegt und für die Kultur gewonnen, doch geht diese Umgestaltung nur langsam voran und noch immer „kann Bayern durch Entwässerung und Anbau seiner Moose ein ganzes Fürsten- thum im Innern erobern;" denn von der Gesammtfläche der Moorgründe zu 20 Meilen ist noch wenig für den Anbau gewonnen. Das Wiesenmoor und die Heide, der überfeuchte und über- trockene Boden, finden sich merkwürdiger Weise oft in unmittelbarster Nähe; so im Lechfelde, so im Dachauer und Er- dinger Moos, in der Garchinger Heide. Beide aber finden ihren Uebergang zu Wiese oder Wald in der Trift, die, halb Wiese, halb Wald, von ihrer Be- nutzung zum Viehtrieb den Namen er- halten hat. Auf magerem Grasboden Marschall, Lesebuch. 65 ' stehen gruppenweise und in schlechtem, fast verkümmertem Zustande einzelne Bäume, Maßholder, Elzbeerbäume, Ei- chen, Hagebuchen, Espen, Birken, Kiefern, umgeben von wenig nutzbarem Unter- holz: Haselsträuchern, Salweiden, Weiß- ! schlehe und Kreuzdornen, Pfaffenkäppchen und Faulbaum. An den Flüssen, beson- ders an Isar, Donau und Lech, finden sich die Auen, in welchen Wiesen und Triften, Sumpf und Wald abwechseln. Schon im Einzelnen zeigen diese Auen ! eine große Manchfaltigkeit der Vegetation; auffallend aber ist der Unterschied der Auen am Oberlaufe der Alpenflüsse ge- gen die am Unterlaufe. An der obern Isar z. B. wechseln blumige Rasenstrecken und saftige Wiesen bald mit lichten Nadelholzbeständen, bald mit Gebüschen von Weiden und Erlen, um welche sich die Alpenliane mit ihren großen präch- tigen Purpurblüthen rankt, bald mit Büschen von Alpenrosen, bald mit Knie- holzwäldchen. Nahe der Einmündung der Isar in die Donau aber herrscht der Wald in solcher Ueberfülle vor, daß er einem tropischen Urwalde gleicht. Manche Bäume erreichen eine ebenso riesige Höhe als Dicke, und man hat Schwarzpappeln von 30 Fuß Umfang gefunden. Stau- nenerregend ist die Manchfaltigkeit und Ueppigkeit der Baumarten, unter welchen man nicht selten auch Nadelhölzer, eine pinienartige Kiefer oder eine säulenartige Fichte trifft, dazwischen dichtes und blü- thenreiches Unterholz, umschlungen von unserer deutschen Liane, der schlanken Waldrebe; der Boden bedeckt mit üppig wuchernden, krautartigen Gewächsen. Das Dickicht ist oft undurchdringlich und es kostet dem Jäger und Botaniker Mühe, sich durchzuarbeiten. Aber er wird auch entschädigt durch reiche Ausbeute und seltenen Naturgenuß. Da liegt, im tief- sten Waldesschatten versteckt, ein schilf- bewachsener Teich, ein sogenanntes „Alt- wasser", geschmückt mit Seerosen und gelbblühender Iris; dort läd't ein Rasen- teppich, umsäumt von Weidengebüsch und überschattet von malerischen Baumgrup- pen, zur Ruhe ein, und da blinkt durch's wildverwachsene Gezweig der Strom im Sonnenschein, und sein Rauschen klingt

7. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 66

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
66 Ii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde. geisterhaft durch die unentweihte Stille der Waldesau. Aber selbst wirklicher Urw ald fehlt dieser Gegend nicht. Im Forstamte Tegernsee ist ein von der Axt noch nicht berührter Wald. Da ihm von den Mo» derresten abgestorbener Baumgeschlechter nichts entzogen worden, so hat sich in der ungeheuern Anhäufung solcher Massen eine Ueppigkeit des Wachsthums gebil- det, welche da, wo Licht und Luft den Zutritt finden, an's Unglaubliche grenzt. Bäume jeden Alters und jeder Art wuchern aus dieser Moderschicht, und wo einer kolossalen abgestorbenen Tanne Raum gewährt ist zum Fall, da strecken hundert andere ihre Häupter her- vor, wetteifernd, an die Stelle der ge- fallenen Größe zu treten, deren Leiche, nachdem sie sich noch lange als dürre „Rane" aufrecht erhalten, ein Jahrhun- dert braucht, um in Verwesung zu zer- fallen. Große Gräser, duftende Farren- kräuter und Massen von Moos füllen die Lücken aus zwischen den Baumstäm- men und Felsblöcken. Undurchdringlich für die Menschen, sind sie ein ungestör- tes Asyl des Wildes. Der Urwald ist eine der großartigsten Erscheinungen in der Natur. Er hat etwas Heiliges, Ehrfurchtgebietendes. Er verkündet das ungestörte Schaffen der Naturkräfte in stiller, erhabener Majestät. Wie verschieden von diesen abgele- genen Wäldern, wie verschieden auch von den armen unfruchtbaren Moosen und Heiden sind die reichen Getreideflu- ren der bayerischen Hochebene! Ein un- absehbares Meer von Aehren wogt zur Sommerszeit in der breiten Thalebene der Donau von Regensburg bis über Osterhofen hinab! Hier liegt Bayerns reichstes Weizenland vor uns, mit Recht als dessen K o r n k a m m e r gepriesen. Der Bauer in diesem Gau (vom Volk „Kay" gesprochen) ist stolz auf seinen unerschöpf- lichen „Dunkelboden", in welchen eine verdorbene Sprachweise den „ D un g a- boden", d. h. den Donaugauboden, umgetauft hat. Hier hatten die großen Wasserstuthen längere Zeit ruhig gestanden und über dem steinigen Geröll fruchtbare Erdschich- ten abgesetzt. Als die Gewässer sich un- terhalb Paffau durch die Bergdämme eine Ausgangspforte gebrochen hatten und allgemach zum Meere abgelaufen waren, da ward der Boden des Riesen- sees trocken gelegt und nach und nach von Pflanzen und Thieren belebt. Die Donauniederung aber hatte als köst- liches Geschenk der Fluthen ihren „Dunga- boden" erhalten, der sie zur reichen Korn- kammer Bayerns gemacht. 37. Aus dem bayerischen Alpengebirg. 1) Derchtcsgadrn und der Königsfer. I. Von dem berühmten Schloß Hell- brunn, unweit Salzburg, mit seinen Wasserkünsten und von da über den Schel- le nb erg herkommend, langte ich eines Sonntags Abends in der rings von hohen Alpen umschlossenen, am Fuße des riesigen Watzmann gelegenen, ehemaligen gefür- steten Abtei Berchtesgaden an. Am andern Tage erhielt ich durch einen Forstmann in Berchtesgaden, an welchen ich empfohlen war, Einlaß in das einen guten Büchsenschuß östlich von der Stadt entfernte Salzbergwerk an de^i west- lichen Abdachungen des „hohen Göll" am Salzberg. Das Bergwerk besteht aus vier übereinander liegenden Werken, deren jedes, wie es eben bei den Bergleuten Gebrauch ist, seinen besonderen Namen trägt. Fragt der Fremde in dieser Gegend nach den Salzbergwerken von Berchtesgaden und Hallein, die nicht so gar weit von einander liegen, welches das schönste von beiden sei, so richtet sich die Antwort dar- auf selbstverständlich immer nach dem Lande, welchem der Gefragte angehört. Denn Hal- lein liegt im Oesterreichischen und der Salz- burger gibt daher dem Bergwerk in Hallein immer den Vorzug, während der Bayer, der doch auch etwas Schönes haben will, stets dem in Berchtesgaden den ersten Platz einräumt, wenn es gleichwohl nicht

8. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 57

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
43. Bayerns Land und Volk. 57 seinen saftigen Almen, seinen klaren See'n und seinen schäumenden Rinnen und Bergflüssen; — hier breitet sich eine große, von mächtigen Wasseradern durch- furchte Hochfläche aus, auf welcher an- muthige, waldbewachsene Höhenzüge mit ausgedehnten Ebenen abwechseln, letztere, wenn auch hie und da Sumpflandschaften, Haideflächen, magere Triften und ärm- Uche Kiefernbestände zeigend, meist frucht- bares Getreideland mit unabsehbaren Weizenfluren, oder fetter Wiesengrund, dann und wann unterbrochen durch dunkel- gefärbte Waldstrecken. Dort wieder steigen aus der Ebene allgemach die vielfach verzweigten Höhen des Mittelgebirges auf, bekleidet hier mit dem dunklern Ge- wände der Nadelholz-, dort mit den Hellern der Laubholzwaldungen. — Hier rankt sich in sorgsam gepflegten Anpflan- zungen an einem Walde schlanker Stangen die würzige Hopfenstaude empor, und dort, wo die Sonne ihre Strahlen glühen- der zur Erde sendet, schmücken blühende Obsthaine die Thalgründe und üppige Rebgelände die Höhen. Wenn die alten Deutschen meinten, das Land sei glücklich zu preisen, in dem folgende fünf W gefunden würden: Wald, Wiese, Wasser, Wein und Weizen, dann darf man Bayern ge- wiß ein gesegnetes Land nennen, denn an alledem fehlt es bei uns nicht, und wir können daher gewiß mit Zufrieden- heit auf unser Heimatland blicken. Sind auch nicht alle Gegenden Bayerns gleich freigebig von der Natur bevorzugt, so stiefmütterlich ist doch auch keine bedacht, daß sie ihren Bewohnern nicht wenigstens den nöthigsten Lebensbedarf darböte. Weit- aus die Mehrzahl der Einwohner Bayerns erfreut sich eines — anderwärts nicht eben häufigen — Wohlstandes und Lebensge- nusses. Die Behäbigkeit des altbayerischen Bauern ist sprichwörtlich geworden; und doch ist es eine Frage, ob der Hopfen- bauer Mittelfrankens oder der Weinberg- besitzer auf der Hardt sich in einen Tausch mit ihm einließen. Bei den Berg- und Waldbewohnern finden wir allerdings selten ein so ergiebiges Besitzthum; allein dafür ist ihnen eine andere Gabe zu Theil geworden, köstlicher wahrlich als Reichthum an Gut und Geld: ein hei- terer freier Sinn, Genügsamkeit und Zu- friedenheit; und das Volk der Berge fühlt sich daher, trotz äußerer Armuth, meist glücklicher und wohler, als das Volk der Ebene. An Quellen ausreichenden Erwerbs mangelt es aber auch den Ge- birgsbewohnern nicht. Wo der Wald deren eigen Gut ist, wirft er kaum ge- ringeres Erträgniß ab, als Wiese und Ackerland. Meist freilich sind die Wal- dungen im Besitze des Staates, der Stiftungen oder Gemeinden. Dann sucht der Wäldler seinen und der Seinen Un- terhalt durch Holzhauen, Kohlenbrennen, Theer- und Pechgewinnung, Einsammeln von Beeren, Arzneikräutern u. dgl. Arm an Vegetation sind nur wenige Strecken in Bayern; allenthalben lohnen reiche und manchfache Erzeugnisse die Pflege und den Anbau des Bodens. Des großen Getreidereichthums, des Hopfen-, Wein- und Obstbaues, sowie der Er- trägnisse der Waldungen ist schon ge- dacht worden. Außerdem erzielt Bayern in einzelnen Gegenden, je nach Klima und Bodenbeschaffenheit: Tabak, beson- ders in der Pfalz, Oelpflanzen, Flachs und Hanf, Gemüse, Meerrettig, Süß- holz, Färbepflanzen. Wohl hat auch der Maulbeerbaum nennenswerthe Verbrei- tung gewonnen, aber ohne daß dadurch die Seidenzucht wesentlich gefördert wor- den wäre. In den sonnigen Lagen der Hardt reifen selbst süße Kastanien und Mandeln. Dieser Manchfaltigkeit des Pflan- zenwuchses stellt sich der Reichthum der Thierwelt würdig zur Seite. Die reißen- den Thiere, Wolf, Bär und Luchs, im vorigen Jahrhundert noch sehr häufig im bayerischen Wald und in den Alpen, sind nun als Standthiere ausgerottet: doch wechseln sie noch dann und wann aus Tirol und Böhmen über die baye- rischen Grenzen. In den Alpen hatte sich am längsten gehalten der Luchs, nämlich bis in die dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts; im bayerischen Walde der Bär, von dessen Geschlecht noch in unserm Jahrhundert in diesem Walde an sechzig erlegt oder lebend gefangen wurden. Der letzte Bär in den Alpen wurde 1835, im bayerischen Walde 1853 erlegt; der letzte Wolf dort 1837, hier 1850. Noch

9. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 125

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
58. Die Schneestürme in den Schweizer Gebirgen. 125 nackte Felswände, die wegen ihrer steilen Höhe nicht fähig sind, dauernden Schnee zu tragen. Zwergartige Gewächse, be- sonders Moose beleben diese Region oft noch bis zu einer Höhe von 10,500 Fuß; aber bis zu 11,000 Fuß scheint sich hier im Alpenlande kein Leben zu versteigen. Ueber diese Vegetationsgrenze hinaus er- heben sich nur noch einzelne Riesengipfel, deren Gesichtskreis, wie von dem Mont- blanc und Groß-Glockner, an 40, 50 und 60 Stunden weit über die Erde reicht. 58. Die Schneestürme in den Hochalpen. Zu den ungestümsten und schrecken- erregendsten Naturerscheinungen des Hoch- gebirges gehören die Schneestürme. Von ihrer Heftigkeit und Gewalt und von der Menge des durch die Lüfte getragenen Schnee's, wovon oft binnen wenigen Mi- nuten kurz vorher noch sichtbare Wege gänzlich vergraben und fußhoch bedeckt werden, kann nur derjenige sich einen lebhaften Begriff machen, der die wilden Kraftäußerungen der Elemente im Ge- birge schon in anderer Weise kennen lernte. Der Schneesturm in den Alpen ist eine ebenso furchtbare atmosphärische Erscheinung als der Samum der Wüste. Wie hier der rasend einherbrausende Wind der Wüste unberechenbare Milliar- den glühend heißer Sandkörnchen empor- hebt und in jagender Flucht durch die Lüfte trägt, tiefe Mulden hier aufwühlt, um neue, vorher nicht dagewesene haus- hohe Hügel dort abzuladen: — so erfüllt der Schneesturm die Luft auf große Ent- fernungen hin mit dichten, ringsumher Alles verfinsternden Wolken kleiner, feiner Schneekrystalle, die Alles durchdringen, an Alles sich einbohren und mit der Atmosphäre eine völlig verschmolzene Masse zu sein scheinen. Der Schnee des Hochgebirges ist so- wohl nach Gestalt und Umfang, als nach Dichtigkeit und Schwere seiner einzelnen Theilchen verschieden vom Schnee der Tiefebene und des Hügellandes. Während der Schnee der Tiefebene große, breite, fette Flocken bildet, entstanden durch die Vereinigung vieler Eissterne, welche lang- sam, gleich von den Windwellen getra- genen Fallschirmchen aus der Höhe nie- derschweben, so verhält es sich mit dem Schnee der Hochebene ganz anders. Er ist viel feiner, mehliger oder eigentlich sandähnlich, trockener und darum beweg- licher; er besteht aus kleinen Nüdelchen oder keilförmigen Pyramiden, die mit einer ganz andern Geschwindigkeit die Luft durchschneiden als die mehr Raum einnehmende Schneeflocke. Bei der un- gemeinen Feinheit der einzelnen Körper- chen des Hochschnees ist es aber auch vor- nehmlich deren große Trockenheit, welche sie auszeichnet. Diese ist Folge der in den oberen Regionen während des ganzen Jahres fast ununterbrochen herrschenden niederen Temperatur. Im normalen Zustande ist der Hochschnee so spröde und körnig, daß er sich eben so wenig zusammenballen läßt, wie eine Hand voll trockenen feinen Sandes. Mit diesem Material treibt nun der Wind auf den Höhen und in den Einsattelungen des Gebirges, welche 5000 Fuß übersteigen, sein schrecken- erregendes Spiel, packt plötzlich einige hunderttausend Kubikklafter dieses feinen Eisstaubes, wirbelt ihn spielend hoch, hoch in die Lüfte empor, und überläßt es der dort herrschenden Windrichtung, ihn wieder in Form des dichtesten Schnee- falles oder zerstreut als glitzernden Eis- nadel-Regen abzuschütteln, wo es ihm beliebt. Der „Montblanc raucht seine Pfeife," sagen die Thalbewohner jener Gegend, wenn's von der Schneekuppel dieses höchsten europäischen Berges bei hellem, tiefblauem Himmel wie Dämpfe aufsteigt und leise verweht wird. Oder der Wind hebt irgend eine Ladung solch trockenen Hochschnees auf und schleudert ihn in tiefere Bergbecken oder Uebergangs- punkte, so daß mühsam aufgeschaufelte Hohlwege binnen wenigen Minuten wie- der so verschüttet sind, daß viele Arbeiter tagelange Zeit nöthig hätten, um einen Weg durch diese Masse Schnee zu bahnen. Darum läßt sich auch zwischen diesen bösartigen Neckereien des Windes und dem Fall der eigentlichen „Staublawinen"

10. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 103

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
49. Deutsches Land, deutsches Volk und deutsche Sprache. 103 aber in der Mitte, in Thüringen, und im Westen, am Main und Rhein, über seine natürlichen Grenzen hinaus in süddeutsches Gebiet eingegriffen hat. Das von diesen Grenzen nördlich zum Meer hin sich ausbreitende Flachland umfaßt einen Flächenraum von 4500^ Meilen, dacht sich von Südost gegen Nordwest ab und wird durch eine zwischen Weser und Elbe hinstreichende Bodenerhebung in eine westliche und östliche Hälfte ge- theilt. Die westliche Hälfte bildet eine weite Ebene, die reich an Sümpfen, Mooren und Heiden und im Ganzen nur wenig über den Meeresspiegel er- haben, ja an manchen Stellen noch tiefer gelegen ist, als die Flußbette. Darum müssen nicht nur die niedrigen Küsten gegen die Einbrüche des Meeres, sondern auch die Uferstrecken der meisten größeren Gewässer gegen die Ueberfluthungen dieser durch Erdwälle geschützt werden. Des Flachlandes östliche Hälfte ist schon mehr über die See erhaben und nur an wenigen Stellen ganz eben, an den meisten wellenförmig. Oberdeutschland zeigt den reich- sten Wechsel der Bodengestaltung. Von den steilsten, theils nackten, theils ewig be- schneiten Felsengipfeln bis zum sanftesten, abgerundeten, schönbewaldeten Gehügel finden sich hier alle an der Erhebung der Erde nur denkbaren Formen. Oberdeutsch- land theilt sich wieder in zwei große Hauptgebiete nach der Verschiedenheit der Bodenform; in das nördliche Mittel- gebirgsland und in das südliche Alpenhochland. Das Mittelge- birgsland, 5000sih Meilen einnehmend, ist das Land der reichsten Erzeugnisse, vor allem des Ackerbaues. Wald- und erzreiche Gebirge wechseln mit wohn- lichen Gauen, besät mit Dörfern wohl- habender Landleute und mit gewerblichen Städten, die mittelst großer Bahnnetze unter sich in leichtem Verkehr stehen. Dem Alpengebirgslande gehören die Gebiete südlich einer Bogenlinie vom Bodensee bis gegen Wien an. Es begreift mit einer Fläche von etwa 2000q Meilen einen kleinen Theil von Bayern und den größten von Deutsch- Oesterreich. Gegen Osten senken sich die Alpen mehr und mehr, so daß für Oesterreich der Weg zum südlichen Meere offen blieb; auch sind die Ostalpen viel reicher an Mineralschätzen, besonders an Salz, Eisen, Blei und Quecksilber, als die Centralalpen. Der klimatische Gegensatz zwischen dem Süden und Norden Deutschlands wird durch die Abdachung von Süden nach Norden nahezu aufgehoben. Hätte das Hoch- land seinen Platz im Norden und das Tiefland im Süden, so wäre dieser Gegensatz ein sehr schroffer. Der Norden Deutschlands wäre dann ein deutsches Norwegen, ein unwirthliches Hochland, der Süden dagegen ein Niederungarn oder Südrußland, d. h. eine sommer- dürre Steppe, ein Weideland für No- maden, geworden. So gleicht sich die Kälte des Hochlands durch seine südliche Lage mit der größeren Wärme des Tief- landes so ziemlich aus und es konnte gleichermaßen im Norden wie im Süden Landwirthschaft mit Viehzucht die Grund- lage des Völkerlebens werden. Nach seiner Lage ist Deutschland das Herz Europas, „Niemanden gefährlich, Allen wohlthätig." Es ver- bindet die vielfach gespaltenen Glieder Europas zur wahren Einheit; sein Grundcharakter ist der der Vermitt- lung der Gegensätze. Wie es in seiner Bodengestaltung den Uebergang bildet vom gebirgigen Südwesten zum flachen Nordosten, so in seinen klimatischen Ver- hältniffen zwischen dem heißen Süden, in welchem die Laubbäume ihres Blätter- schmuckes nicht mehr beraubt werden, und dem rauhen Norden, in dem nur noch Birken und Föhren ihr kümmerliches Dasein fristen. Aus diesem Herzen Europas ist germanische Bevölkerung und germanische Bildung nach allen Seiten hin ausgeströmt: nach Osten in die Provinzen am baltischen Meere und in die unteren Donauländer, nach Norden in die skandinavischen Gebiete und nach Westen in das britische Reich und in die Niederlande. Und wenn auch im Süden die deutsche Herrschaft wieder verloren gegangen ist und im Westen ein romanisches Volk in deut- sches Gebiet erobernd eingegriffen hat: der deutsche Geist hat doch im Süden und Westen auf die Völker romanischen
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